07.01.2019, bvdn

Stellungnahme zum Referentenentwurf zum Psychotherapeuten-Ausbildungsreformgesetz

Der Berufsverband der Deutschen Nervenärzte lehnt den vorliegenden Referentenentwurf zum Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz (PsychThGAusbRefG) in Gänze ab. Eine grundlegende Neukonzeption ist erforderlich. Wird der vorliegende Entwurf umgesetzt, werden Menschen mit psychischen Erkrankungen benachteiligt und die Patientensicherheit ist massiv gefährdet.

Vor allem die folgenden sechs Punkte führen wir für die Ablehnung des Referentenentwurfs an:

  1. Eine Behandlungsmethode wird zu einem neuen Heilberuf gemacht. Damit wird eine Behandlungsmethode für psychische Krankheiten aus der Medizin herausgelöst. Dies kommt der Trennung von Psyche und Soma gleich.
  2. Notwendige somatische Abklärung von Erkrankungen ist nicht mehr vorgesehen.
  3. Modellstudiengang „Psychopharmakotherapie“: dieses Vorhaben gefährdet in erheblichem Maße Patienten!
  4. Keine Methodenvielfalt, da Lehrstühle ausnahmslos durch Verhaltenstherapeuten besetzt
  5. Der Umfang praktischer Erfahrungen vor Erteilung der Approbation ist ungenügend.
  6. Die geplante Berufsbezeichnung ist irreführend.

Ad 1: Etablierung eines neuen Heilberufes auf der Basis einer einzigen Behandlungsmethode

Eine etablierte aber solitäre Behandlungsmethode, die in der Psychiatrie und Psychosomatik zu Einsatz kommt, soll zu einem eigenständigen an Hochschulen auszubildenden Heilberuf werden. Dabei wird übersehen, dass die Behandlungsmethode nicht zur Diagnostik psychischer Erkrankungen geeignet ist. Die Diagnostik psychischer Erkrankungen umfasst weit mehr, als durch psychotherapeutische Methoden geleistet werden kann.

Psychotherapie ist nur ein Baustein von vielen Methoden zur Behandlung.

Die Kombination von Psychotherapie und Psychopharmakotherapie sowie der Einbezug psychosozialer und sozialmedizinischer Behandlungselemente gelten bei den meisten mittelschweren und schweren psychischen Erkrankungen mittlerweile als fachlicher Standard. Wissenschaftliche medizinische und psychologische Grundlagen, welche die Wurzeln der Psychotherapie darstellen, werden nur marginal Platz haben in der Ausbildung. Breites medizinisches oder psychologisches Wissen wird nicht vermittelt.

Mit der vorliegenden Neuordnung der Psychotherapie als eigenständiger Heilberuf verabschiedet man sich von einer ganzheitlichen Sicht auf Psyche und Soma bei Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Durch Unkenntnis dieser komplexen Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten bleiben Patienten Behandlungsoptionen vorenthalten.

Ad 2: Fehlende somatische Diagnostik

Die äußerst komplexen Zusammenhänge zwischen somatischen und psychischen Erkrankungen erfordern eine differenzierte Diagnostik und Behandlung sowohl auf psychischer als auch auf somatischer Ebene sowie die Kombination von Psychotherapie und mit anderen medizinischen und sozialpsychiatrischen Interventionen. Zur Gewährleistung der Patientensicherheit muss die bisherige Festlegung der Notwendigkeit einer somatischen Abklärung auf jeden Fall beibehalten werden. Die Entkopplung der medizinischen Diagnostik und Behandlung von der psychotherapeutischen führt zu einer qualitativ schlechteren Versorgung und gefährdet das Patientenwohl. Die Behandlung eines Patienten unter Berücksichtigung des bio-psycho-sozialen Kontextes bei Patienten mit  endokrinologischen (z.B. Schilddrüsen-), kardialen oder Tumorerkrankungen und bei Menschen im höheren Lebensalter oder mit Multimorbidität kann ohne umfassendes medizinisches Wissen nicht umfänglich erfolgen. Sowohl vor Beginn einer Behandlung als auch u. U. im Behandlungsverlauf können somatische Interventionen erforderlich werden. Fachärztliche Behandlung kann dazu dienen, interkurrente Erkrankungen, Komorbiditäten und Chronifizierungen zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln. Eine somatische Abklärung ist insbesondere bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen als auch bei betagten Menschen von Bedeutung. Ohne medizinisches Wissen fehlen wichtige Bestandteile einer umfassenden Diagnostik psychischer Erkrankungen. Durch fehlende Diagnostik kann es zu einer Gefährdung von Patienten kommen, weil somatische Befunde nicht zeitnah und korrekt eingeordnet und einer entsprechenden Behandlung zugeführt werden können.

Wird, wie im vorliegenden Referentenentwurf (vgl. §1, Abs. 5) auf eine regelbasierte somatische Abklärung verzichtet, sinkt die Qualität der Behandlung.

Ad 3: Modellstudiengang Pharmakotherapie gefährdet Patienten!

Der Berufsverband der Deutschen Nervenärzte lehnt ausdrücklich und insbesondere diesen Modellstudiengang ab.

Der im Gesetzentwurf vorgesehene Modellstudiengang zur Verordnung von Psychopharmaka soll Kompetenzen vermitteln, die zur Feststellung, Verordnung und Überprüfung von pharmakologischen Maßnahmen als Bestandteil der psychotherapeutischen Versorgung erforderlich sind. Die Fähigkeit zur Verordnung von Psychopharmaka erfordert jedoch ein umfassendes medizinisches Wissen u. a. über

  • Physiologie, Pathophysiologie, Biochemie, Metabolismus und Pathometabolismus bei somatischen Grunderkrankungen, (Neuro-)Anatomie und Pathologie
  • allgemeine Pharmakologie und Psycho-Neuropharmakologie
  • Indikationen, Kontraindikation, Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Medikamente sowie mögliche Wechselwirkungen mit anderen Pharmaka
  • die im Rahmen einer laufenden Pharmakotherapie notwendigen regelmäßigen Kontrollen z. B. von Laborwerten, EKG oder Blutspiegeln von Medikamenten und deren differenzierte Bewertung
  • die möglichen schwerwiegenden Nebenwirkungen, die frühzeitig erkannt und behandelt werden müssen
  • komorbide körperliche Erkrankungen, die das ganze Gebiet der Medizin umfassen können und die ggf. einer Anpassung der Medikation bedürfen, andererseits die Behandlung mit bestimmten Psychopharmaka ausschließen.

Angehende Ärzte erwerben bereits im Rahmen ihres Studiums wesentliche Kenntnisse im Bereich der Pharmakologie und Pharmakotherapie. Sie erlernen die Fähigkeit zur Verordnung aber erst im Rahmen ihrer Facharztausbildung.

Die Verordnung von Medikamenten ist in Deutschland wie in den fast allen Ländern der westlichen Welt ausschließlich durch Ärzte möglich. Diese sind in Deutschland gut qualifiziert, denn sie absolvieren ein mehrjähriges Medizinstudium mit anschließender Facharztausbildung. Kenntnisse, die für die Verordnung von Medikamenten erforderlich sind, werden vom ersten Semester (Vorklinikum) an in den Grundlagenfächern (Biologie, Chemie, Biochemie, Physiologie, Anatomie) sowie in den später folgenden klinischen Fächern (Pathophysiologie, Innere Medizin, usw.) erlernt. Erfolgt ausschließlich eine Schulung zur isolierten Verordnung von Psychopharmaka, fehlen die Grundlagen zur Einordnung der Wirkweise und der Nebenwirkungen der Medikamente. Unmöglich kann nach einer derart begrenzten Wissensvermittlung die Pharmakologie so überblickt werden, wie es für die Verordnung von Medikamenten erforderlich ist. Somatische Erkrankungen und Beschränkungen der Behandlungsmöglichkeiten sowie die Interaktion der Medikamente mit anderen auch erforderlichen internistischen, gynäkologischen u. v. a. Medikamenten ist somit unmöglich. Hier werden Patienten in erhebliche Gefahr gebracht. Die Verordnung von Psychopharmaka kann in dem im Entwurf so benannten „Hochrisikoprozess“ ohne gravierende Risiken für die Arzneimitteltherapie- und PatientenSicherheit nicht erfolgen, denn dafür notwendiges umfassendes medizinisches Wissen vermittelt ausschließlich das Medizinstudium. Psychopharmakologie ist eng verknüpft und vernetzt mit allgemeiner Pharmakologie, Physiologie, Pathophysiologie, Biochemie, Metabolismus und Pathometabolismus bei somatischen Grunderkrankungen, (Neuro-) Anatomie und Pathologie. Es ist nicht realisierbar, dass der geplante Modellstudiengang und ggf. entsprechende noch nicht definierte Inhalte der 5-jährigen Weiterbildung das notwendige Wissen in annähernd ausreichendem Maß vermitteln könnten.

Die Etablierung von Modellstudiengängen, deren Abschluss zur Verordnung von Psychopharmaka berechtigen soll, und zwar auf der Basis einer begrenzten Pharmakologie-Schulung in einem nicht-medizinischen Studium innerhalb einer Gesamtstudiendauer von fünf Jahren, ist mit einer leitliniengerechten Verordnung von Medikamenten nicht vereinbar und würde die Behandlungssicherheit und -Qualität von Menschen mit psychischen Erkrankungen in unverantwortlicher Weise gefährden.

Ad 4: Methodenvielfalt

Ein Hochschulstudium zur Erlangung von Qualifikationen zur psychotherapeutischen Behandlung muss die dafür erforderlichen wissenschaftlichen Grundlagen und Methoden der Psychologie vermitteln. Beschriebenes Ziel des Referentenentwurfes ist es, eine „verfahrensbreite und altersspannenübergreifende psychotherapeutische Qualifikation“ zu ermöglichen. Die Verfahrensbreite wird im Wesentlichen durch tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutische und systemische Methoden beschrieben. Diese gehören zu den etablierten Behandlungsmethoden.

Aktuell sind alle Lehrstühle durch Verhaltenstherapeuten besetzt. Der Nachwuchs im tiefenpsychologischen und systemischen Bereich ist im Hochschulbereich kaum entwickelt. Somit ist die Vermittlung dieser wichtigen und die Bereite der Psychotherapie wesentlich abbildenden Wissens- und Forschungsgebiete nicht flächendeckend möglich. Fundierte Lehre kann in hohem Niveau nur durch auf dem jeweiligen Gebiet versierte Psychotherapeuten geleistet werden. Diese fehlen an den Hochschulen. Aktuell werden die genannten Verfahren an Ausbildungsinstituten vermittelt, sind aber im Hochschulbereich ohne Verankerung.

Die Dominanz der Verhaltenstherapie und die Unterrepräsentanz der anderen wissenschaftlich anerkannten Verfahren werden zu einer Verarmung der Behandlungsmöglichkeiten führen. Dies wird sich in der Versorgung zuspitzend negativ für Patienten auswirken.

Ad 5: Geringer Umfang praktischer Erfahrung vor Erteilung der Approbation

Zur Erlangung der Approbation ist ein fünfjähriges Hochschulstudium der Psychotherapie als Masterstudiengang (BSc. und MSc.) vorgesehen, welches durch eine bundeseinheitliche Approbationsprüfung abgeschlossen werden kann. Nach der Approbation kann eine verfahrensorientierte und altersgruppenspezifische Weiterbildung folgen. Die Ausbildung soll so den übrigen Heilberufsausbildungen angepasst werden.

Wir sind der Ansicht, dass der vorgesehene Studiengang lediglich Grundlagen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen (Psychologie, Medizin, Pharmakologie, Methodenlehre, Statistik) vermittelt und sich damit inhaltlich mit den bisherigen Voraussetzungen und hohen Standards für die Ausübung von Psychotherapie als psychologischer oder ärztlicher Psychotherapeut nicht vergleichen lässt.

Psychologische Psychotherapeuten sind aufgrund mangelnder Studieninhalte und mangelnder Expertise nicht in der Lage, gravierende psychische Erkrankungen wie Demenz, metabolisch bedingte (endogene) Depressionen, Schizophrenie, manischdepressive Psychosen oder somatisch bedingte psychische Komorbidität bei anderen Hirnkrankheiten wie beispielsweise Hirntumoren, Multipler Sklerose, Epilepsie zu erkennen und differenzialtherapeutisch zu berücksichtigen.

Wir begrüßen es zwar, dass nur ein Hochschulstudium zu dem neuen Beruf qualifizieren soll. Ein solches Hochschulstudium aber muss die wissenschaftlichen Grundlagen vermitteln, auf die die heilberufliche Tätigkeit aufbaut. Zur Sicherstellung der Behandlungsqualität und zum Schutz der Patienten vor Behandlungsfehlern reicht es nicht aus, im Rahmen einer mündlichen Psychotherapeutischen Prüfung „Handlungskompetenzen“ an Schauspielpatienten festzustellen. Vielmehr muss mit einem theorie- und einem kompetenzbasierten Praxisanteil der Erwerb von Wissen und Kompetenzen gleichermaßen staatlich kontrolliert werden, so wie es das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) für das Medizinstudium leistet.

Das Ziel der Reform der Psychotherapeutenausbildung sollte eine Gleichwertigkeit zur ärztlichen Heilkunde bzw. Parallelisierung der Ausbildung der Heilberufe sein. Dieses Ziel wird durch den vorliegenden Gesetzentwurf jedoch nicht erreicht.

Während im Medizinstudium insgesamt eine Praxiszeit von mindestens 19 Monaten erfolgt (Krankenpflegepraktikum, Famulatur, Praktisches Jahr), sind es im vorgesehenen Psychotherapiestudium sechseinhalb Monate. Dies wird durch die berufsqualifizierende Tätigkeit II (psychotherapeutische Übungen in Seminarform) und das forschungsorientierte Praktikum I und II (insgesamt 6,5 Monate) nicht aufgewogen.

Ad 6: Berufsbezeichnung

Die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ suggeriert die umfassende Behandlung psychischer Erkrankungen. Wie oben ausgeführt, ist diese aber durch den Studiengang „Psychotherapie“ gar nicht möglich. Wichtige Aspekte einer ganzheitlichen Behandlung fehlen dem so ausgebildeten Therapeuten. Patienten muss es möglich sein, die Begrenzung auf ein Behandlungsverfahren zu erkennen. Die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ muss zwingend für nicht-ärztliche Psychotherapeuten weiterhin durch einen, die spezifische Expertise beschreibenden Zusatz ergänzt werden, der sich aus dem grundständigen Studiengang bzw. aus der Bezugswissenschaft ergibt. (Siehe Punkt 1 dieser Stellungnahme: sonst würde eine Behandlungsmethode zum Heilberuf gemacht).

Konsequenterweise müssen die nach dem Reformgesetz ausgebildeten Psychotherapeuten „Psychologische Psychotherapeuten“ (wenn die Forderung nach Beibehaltung der Bezugswissenschaft der Psychologie umgesetzt würde) oder ansonsten „Nicht-Ärztliche Psychotherapeuten“ heißen. Denn für Patienten muss erkennbar sein, welche Rolle die einzelnen Berufsgruppen im Rahmen der (vernetzten) Versorgung übernehmen und welche unterschiedlichen Kompetenzen sie durch das jeweilige Studium und die jeweilige Weiterbildung erreicht haben. Die Bezeichnung „Psychotherapeut/Psychotherapeutin“ ohne die Zusätze „ärztlich“ oder „psychologisch“ bzw. „nicht-ärztlich“ führt zu einer Täuschung der Patienten, die nicht unterscheiden können, welche unterschiedliche Qualifikation der Erlaubnis zur Durchführung von Therapien zugrunde liegt. Darüber hinaus ist der Begriff „Psychotherapeut“ bereits für den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie zu nutzen.

Die durch den Referentenentwurf beschriebene Bezeichnung stiftet Verwirrung und Unsicherheit für die Patienten. In der neuen Berufsbezeichnung muss ersichtlich sei, dass weder medizinische noch fundierte psychologische Kenntnisse erworben wurden. Anderenfalls werden Patienten getäuscht. Nach §1 Satz 4 des vorliegenden Entwurfes „dürfen“ Ärzte die „Bezeichnung“ „Psychotherapeutin“ oder „Psychotherapeut“ mit dem Zusatz „ärztlich“ verwenden, wenn sie (siehe Begründung S.49) überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätig sind (Siehe dazu auch Bedarfsplanungs-Richtlinie). Damit werden einzelne psychotherapeutisch tätige Arztgruppen ausgeschlossen: Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Ärzte mit Zusatztitel Psychotherapie, die nicht ausschließlich psychotherapeutisch tätig sind. Dies betrifft laut Ärztestatistik zum 31.12.2017 eine Anzahl von derzeit mindestens 40.000 Ärztinnen und Ärzten in Klinik und Praxis:

  • 2.889 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie
  • 12.444 Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (z. T. mit Neurologie oder Nervenheilkunde)
  • 5.248 Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
  • 18.026 Fachärzte mit Zusatztitel Psychotherapie
  • 3.146 Fachärzte mit Zusatztitel Psychoanalyse

Jährlich legen ca. 1.000 weitere Ärztinnen und Ärzte eine dieser Qualifikationen ab.

In diesem Zusammenhang stellen wir in Frage, ob eine Regelung zur Berufsbezeichnung von Ärzten in einem Gesetz für nichtärztliche Psychotherapeuten zulässig ist..

Die Möglichkeit des ganzheitlichen Zugangs zu einem Patienten mit psychischer Erkrankung ist einzig dem fachärztlichen Psychotherapeuten möglich. Um Patienten die Unterscheidung der unterschiedlichen Qualifikationen erkennbar zu machen, sollte dies eindeutig aus der Berufsbezeichnung hervorgehen.

Schlüssig wäre damit folgende Unterscheidung:

  • Bezeichnung „fachärztlicher Psychotherapeut“ für Fachärzte für Psychotherapie und Psychotherapie, Fachärzte für Nervenheilkunde und Psychotherapie, Fachärzte für Kinder-und Jugendpsychiatrie und – psychotherapie sowie Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
  • Bezeichnung “ ärztlicher Psychotherapeut” für Fachärzte mit psychotherapeutischer Zusatzbezeichnung.

Wir fordern eine Reform der Psychotherapeutenausbildung ohne Risiko für Menschen mit psychischen Erkrankungen

Eine Reform der Ausbildung für Psychologische Psychotherapeuten ist auch aus unserer Sicht dringend erforderlich. Insbesondere die Stellung der Auszubildenden in den Praxisbereichen (Kliniken und Praxen) sowie die Vergütung der Psychologen in klinischer Ausbildung muss verbessert werden. Dies wurde im Forschungsgutachten von Prof. Bernhard Strauss (Forschungsgutachten zur Ausbildung von Psychologischen PsychotherapeutInnen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen), welches er im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit im Jahre 2009 vorgelegt hat, deutlich gefordert. Eine isolierte Methodenausbildung mit irreführender Berufsbezeichnung konnte sich damals Niemand vorstellen. Wir fordern jetzt eine echte Reform der etablierten Ausbildung für Therapeuten mit einem fundierten Psychologie-Grundstudium auf der Basis des Bachelor-Studienganges mit Etablierung notwendiger Ausbildungsanteile einschließlich der Vergütung im medizinischen Versorgungssystem. Die Psychotherapieausbildung und –tätigkeit der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und – psychotherapie sowie der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie bleibt davon unberührt. Mit dieser Reform unter Beibehaltung der etablierten und gut funktionierenden Versorgungswege kann eine echte vernetzte und kooperative Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen gelingen.

Der aktuelle Gesetzentwurf diskriminiert Menschen mit psychischen Erkrankungen. Die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen verschlechtert sich, weil diesen keine umfassende medizinisch-psychotherapeutische Versorgung, wie sie in allen Leitlinien gefordert wird, zugutekommt.

Im Gutachten des Sachverständigenrates zur „Bedarfsgerechten Steuerung der Gesundheitsversorgung“ standen Hausärzte und Fachärzte an zentraler Stelle, um Patienten mit den genannten Erkrankungen zu versorgen bzw. die Versorgung vernetzt zu begleiten. Aktuelles politisches Ziel ist die im TSVG-Entwurf beschriebene Verbesserung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Auch die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen aller an der Versorgung der genannten Patientengruppe Beteiligten sollen verbessert werden. Dafür ist eine grundsätzliche Neuausrichtung der Reform erforderlich.

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) sieht eine kooperative und vernetzte Versorgung durch Fachärzte und Psychologische Psychotherapeuten sowie ggfs. weitere Gesundheitsberufe vor. Eine ganzheitlich bio-psycho-soziale Versorgung könnte somit gestaltet werden, um Menschen mit komplexem Versorgungsbedarf gerecht zu werden. Eine engere Verzahnung der medizinischen und psychotherapeutischen Kompetenzen zum Wohle und entsprechend dem Bedarf der Patienten kann damit erfolgen.

Zusammenfassung:

  1. Der vorliegende Entwurf wird in dieser Konzeption abgelehnt und eine Neukonzeption mit Beibehaltung einer Bezugswissenschaft (Psychologie) gefordert, da sonst eine Behandlungsmethode zum Heilberuf wird.
  2. Der Modellstudiengang Psychopharmakotherapie wird abgelehnt.
  3. Die somatische Abklärung muss beibehalten werden.
  4. Die aktuelle Methodenvielfalt in der Behandlung muss für eine ausgewogene Versorgung von Patienten mit psychischen Erkrankungen erhalten bleiben.
  5. Die wissenschaftlichen und praktischen Inhalte des Studiengangs bereiten nicht auf die Approbation nach 5 Jahren vor.
  6. Die Berufsbezeichnung muss präzisiert werden, damit Patienten unterscheiden können, welche Qualifikation der Leistungserbringer hat.

Wir möchten Sie in Ergänzung hierzu in Ihren Plänen für eine kooperative und vernetzte Versorgung ausdrücklich unterstützen, in der Hausärzte, Fachärzte, Psychologische Psychotherapeuten und ggfs. weitere Gesundheitsberufe eng und koordiniert zusammenarbeiten. Dies könnte dem Prinzip einer ganzheitlichen, bio-psycho-sozialen Versorgung in hohem Maße gerecht werden und eine sinnvolle Steuerung der begrenzten Ressourcen ermöglichen. Wir wollen, dass künftige Psychotherapeuten für diese koordinierte Versorgungsaufgabe qualifiziert werden. Dazu sollte die Ausbildungsreform befähigen.

 

Autoren:

Dr. Sabine Köhler
Vorsitzende BVDN

Dr. Klaus Gehring
Vorsitzender BVDN